Mittwoch, 28. September 2011

Vietnam - Nepper, Schlepper, Bauernfänger

Dieser Post hat sehr lange gedauert, weil ich erstmal die ganzen Erlebnisse aus dem Land verarbeiten musste. Sorry dafür! Und leider sprechen wir hier nicht unbedingt von positiven Dingen. Ich wurde schon in Kambodscha von einigen Reisenden 'gewarnt', dass in Vietnam ein ganz anderer Wind wehen würde, als in Thailand oder Kambodscha. Aber gewohnt beratungsresistent habe ich mich von diesen Worten nur wenig beeindrucken lassen, war einfach zu neugierig, als dass ich mich von dem Vietnambesuch abbringen lassen würde.

Der Grenzübergang von Kep nach Saigon (Ho-Chi-Minh-City) war sehr anstrengend. Ich fuhr im Auto mit Will und Victoria, einem Pärchen aus Australien, die ähnlich wie ich vom Süden in den Norden nach Hanoi reisten, um dort für mehrere Wochen als Englisch-Lehrer an einer Privatschule zu unterrichten, bis zur vietnamesischen Grenze. Dort wurden wir abgeladen, mussten zum Visum Office laufen um im Anschluss wieder ins Auto zu steigen, das uns an einen nahe gelegenen Busbahnhof brachte. Nach etwa 5h in dem Bus wurden wir umverfrachtet in einen anderen, deutlich moderneren Bus. Ich sah einen Stern, einen Mercedes-Sprinter, absoluter Luxus. Denkste. Der Van war für 13 Personen ausgelegt, zwischenzeitlich sind 20(!) Leute mitgefahren. Das ist in Vietnam Gang und Gebe: Leute stehen am Straßenrand, winken kurz, der Van hält an und nimmt sie für eine gewisse Strecke mit. Somit kann die Reiseagentur bzw. der Fahrer die Kasse nebenbei aufbessern...Höhepunkt der Geschichte war, dass mit uns dreien auf der Rückbank eine Mutter mit ihrem (schätzungsweise 5-6 Jahre alten) Sohn saß, bwz. der Sohn zwischen ihren Beinen stehen musste. War klar, dass der Bub nach ner Zeit unruhig wird und anfängt zu jammern. Aber anstatt getröstet und beruhigt zu werden, bekommt der Kleine regelmäßig Schläge und wird ordentlich durchgeschüttelt. Das ganze stoppt erst, als Victoria und ich versuchen die Mutter von alledem abzubringen. Nach einigen irritierten Blicken ihrerseits verlassen Mutter und Kind den Van, ich will gar nicht wissen, was danach abging. Nach knapp 13h Fahrt kamen wir schlussendlich in Saigon an.

Saigon an sich ist eher unspektakulär, das einzige Highlight fand ich Museum zum Gedenken an den Vietnamkrieg. Eine absolut phantastische Fotoausstellung, bei der einzelne Bilder wirklich für Gänsehaut sorgen. Befor ich mich auf den Weg Richtung Norden gemacht habe, habe ich noch einen Tag im Mekong-Delta verbracht. Mal abgesehen davon, dass alles ne reinste Kaffefahrt war, mit Extra-Stopps an Verkaufsständen für allen möglichen Quatsch und Blödsinn, war die Gegend recht sehenswert.








Von Saigon aus ging es jeweils mit Schlafbussen Richtung Norden, daher hab ich von der Landschaft, die an mir vorbeizog nicht viel mitbekommen. Erster Stopp war Nha Trang, zurecht mit dem Titel 'Traumstrand Vietnams' ausgezeichnet. Zwei Tage bei strahlendem Sonnenschein unter Palmen.







Den nächsten Halt machte ich in Hoi An, einer sehr süßen, kleinen Stadt, deren Häuser ganz im japanischen und chinesischen Baustil gehalten sind. Vor allem bei Nacht hat es mir hier super gefallen, da die Straßen phantastisch beleuchtet sind und an allen Ecken bunte Lampinons hängen.







Hue als ehemalige Hauptstadt Vietnams und alte Kaiserstadt stand als nächstes auf dem Programm. Hier begannen auch die ersten Unannehmlichkeiten des Landes. Ich habe mir die Zitadelle und ein paar weitere Sehenswürdigkeiten angeschaut und für den kommenden Tag das Ticket nach Hanoi gebucht. Im Hotel wurde mir versichert, dass Check-Out-Time um 12.00 (was eigentlich überall normal ist) sei, mein Bus fuhr um 12.30 los. Als ich dann am kommenden Vormittag gg kurz vor zwölf auschecken wollte, stand da jedoch eine andere Dame am Empfang, die NULL KOMMA NULL Englisch sprechen konnte. Sie wollte mir dann was erzählen von wegen Check-Our wäre um 10.00 und ich solle jetzt noch nen halben Tag bezahlen, deutete dabei immer wieder auf die Uhr an der Wand und den Taschenrechner. Leider hatte ich das Geld für mein Zimmer nicht passend, sonst wäre ich einfach abmarschiert, also hab ich zähneknirschend bezahlt, weil ich meinen Bus nicht verpassen wollte. Im Endeffekt wäre die Diskussion mit der Oma um 2,50 € gegangen, das ist die Aufregung definitiv nicht wert gewesen, aber trotzdem ein scheiß Gefühl.

Aber genauso sollte es weitergehen. Hanoi hat mir als Großstadt wesentlich besser als Saigon gefallen, viele kleine Gassen und verwinkelte Straßen, dazu immer wieder mal ein kleiner Markt für Lebensmittel und Souvenirs. Ich wollte aus Hanoi ein paar Sachen per Post nach Deutschland schicken und hab einen Motoradfahrer gebeten mich zur Post (die ein wenig außerhalb des Zentrums liegt) und wieder zurück zu fahren, Preis 100.000 Dong (=3,50 €). Jetzt wollte dieser Arsch mir doch tatsächlich erzählen, dass die Fahrt und die Strecke länger gewesen wären, als gedacht, und mir das Doppelte berechnen. Dieses Mal hatte ich allerdings das Geld passend gehabt und hab den kleinen Wicht grad stehen lassen, ohne das Trinkgeld, das ich ihm eigentlich noch geben wollte.

Aber um nicht immer nur negativ von dem Land zu erzählen, hier ein paar Zeilen zur Ha-Long-Bucht, wo ich zwei Tage und eine Nacht auf einem Schiff in der Bucht verbracht habe. Die Felsformationen sind unheimlich toll, atemberaubend sind die bunt ausgeleuchteten Höhlen und der Sonnenaufgang in der Bucht. Das mit Abstand beste Erlebnis meiner Zeit in Vietnam.

Das Highlight vietnamesischer Dreistigkeit und Kriminalität ist mir aber dann am letzten Abend auf dem Nachtmarkt widerfahren. Im starken Gedränge haben zwei Damen im geschätzten Alter von 40-45 Jahren hinter mir meine Umhängetasche aufgeschnitten und wollten nach den nicht vorhandenen Schätzen suchen. Zum Glück haben sich die beiden selten dämlich angestellt und ich hab alles früh genug gemerkt. Als ich im ersten Moment gecheck hab, ob auch nichts fehlt, haben die beiden Fersengeld gezahlt und sich aus dem Staub gemacht. Das war dann das endgültige Signal für mich, dass Vietnam und ich dieses Mal keine Freunde werden und der Flug nach Laos war nur noch ein paar Stunden entfernt.

Sonntag, 4. September 2011

Kambodscha - Keep smiling

Eigentlich hatte ich für Kambodscha nur knapp zwei Wochen Aufenthalt eingeplant, daraus haben sich allerdings sehr schnell drei Wochen ergeben, von denen ich keine einzige missen möchte.
Nach einer sehr lange Anreise über Nacht mit Bus, Taxi und Motorrad bin ich schließlich in knapp 8h von Bangkok nach Siem Reap gekommen. Zum Glück hatte ich während der Reise Robert kennengelernt, einen 55-jährigen Amerikaner, der eine Freundin in Kambodscha hat, und mir sowohl beim Überqueren der Grenze helfen konnte, als auch später, indem wir uns ein Taxi in die Stadt geteilt haben.
Siem Reap hat als Stadt an sich nicht allzu viel zu bieten, hier lebt man eher vom Tourismus und den nahe liegenden Tempeln von Angkor Wat. Aber die haben's echt in sich. Am nächsten Tag machte ich mich gleich in der Früh auf den Weg zu den Tempeln um mir den Sonnenaufgang ansehen zu können. Ein absolutes Massenereignis, denn zeitgleich mit mir wurden zahllose Busladungen mit Japanern, Chinesen und anderen Europäern abgeladen, die das selbe Ziel hatten. Und die Asiaten haben natürlich alle Klischees schön erfüllt und erstmal ihre professionelle Fotoausrüstung aufgebaut und sich in allen möglichen, kitschige Posen vor den Tempeln geworfen.
Aber davon mal abgesehen waren die knapp acht Stunden Tempelbesichtigung der absolute Wahnsinn.












Ich war drei Tage lang auf Touren rund um Siem Reap und habe mir alle möglichen Tempel angesehen. Hier noch ein paar Bilder von der Stadt, wie schon gesagt: alles sehr auf die Touris zugeschnitten, aber durch die freundliche und herzliche Art der Menschen hier ein echte Freude.







Bis dahin wusste ich noch relativ wenig über die Geschichte des Landes, aber Robert und der LonelyPlanet erzählten sehr viel über die Vergangenheit. Und die hat's echt in sich. Bis vor knapp 20 Jahren haben die Khmer Rouge unter Pol Pots eine wahre Schreckensherrschaft hier aufgebaut. Geschätzt 2 Mio Menschen verloren zu der Zeit ihr Leben, meist weil sie als 'Regime-Gegner' eingestuft wurden. Dazu genügte es zuweilen schon eine andere Sprache zu sprechen. Ich wurde in der Hauptstadt Phnom Penh so richtig mit dieser Vergangenheit konfrontiert. Dort stehen noch sehr viele Mahnmäler, die an die Vergangenheit erinnern sollen. Dementsprechend werden sie auch nicht verändert, sondern sollen die ganze hässliche Fratze zeigen, die der Mensch zu leisten im Stande ist. Ich verzichte an dieser Stelle auf Fotos, sondern zähle nur kurz auf, was ich alles gesehen habe: angefangen von alten Mauern mit Einschusslöchern und Blutspritzern über ein altes Foltermuseum (ähnlich einem KZ aus der deutschen Vergangenheit) mit Bildern aller Gefangenen bis hin zu den 'Killing-Fields' außerhalb der Stadt. Der Name sagt schon alles, hier wurden Menschen auf brutalste Art und Weise ermordet, die Schädel von knapp 8000 Menschen werden heutzutage in einem hohen Turm zur Abschreckung ausgestellt. Kurz vor meinem Besuch in den Killing-Fields hat es stark geregnet und der Regen hat sogar noch ein paar Kleidungsstücke und Zähne zum Vorschein gebracht. Gerüchteweise sind erst knapp die Hälfte der Gräber ausgehoben worden und wie man sieht, kommen immer noch Knochenstücke und alte Kleidungsfetzen der Opfer zum Vorschein. Ein absolut schauderlicher Gedanke, wenn man bedenkt, dass es sich um einen eigentlich sehr schönen Park handelt, wäre da nicht dieses Grauen der Vergangenheit, das unter der Erde liegt....

Umso erstaunlicher war es für mich die Menschen hier zu beobachten und kennenzulernen. Obwohl alles vor knapp 20 Jahren passierte und die Erinnerung daher noch vergleichsweise 'frisch' ist, haben die Männer und Frauen hier nicht vergessen zu lachen. Ein unbeschreibliches Gefühl zu sehen, wie freundlich, höflich und zuvorkommend die Leute hier gegenüber Touristen sind. Außerdem unterstützen sich die Menschen, wo sie nur können. Hier herrscht noch mittelalterlicher Tauschhandel, Nahrung gegen Kleidung oder gegen Werkzeug. Geld spielt an sich innerhalb der Bevölkerung eine eher untergeordnete Rolle. Mal abgesehen von dem Idioten aus dem Eintrag zuvor, werden hier keine krummen Touren gedreht, sei es von Reisebüros, Hotels oder Taxifahrern (ich habe zumindest keine erlebt und auch von sonst keinem Reisenden etwas ähnliches gehört). Eine absolut bewundernswerte Mentalität.